Fachbeiträge
Extreme Risse in einem Betonwerksteinbelag
Sachverhalt:
Im Neubau eines Verkaufsmarktes mit einer Grundrissfläche von ca. 3.000 m² wurde im EG ein Betonwerksteinbelag im Dickbett „schwimmend“ verlegt.
Jeweils im Bereich des Stützenrasters bzw. mittig dazwischen wurden im Betonwerksteinbelag Fugenprofile angeordnet, so dass die Grundrissfläche (scheinbar) in Felder der Größen ca. 7 x 10 m unterteilt worden war.
Der Dickbettmörtel wurde in einer Dicke von ca. 5 bis 6 cm hergestellt, unter Verwendung einer nichtstatischen Bewehrungsmatte vom Typ „Q 131“.
Die Verlegung erfolgte Ende des Jahres 2001 und der Verkaufsmarkt wurde Anfang 2001 eröffnet.
Bereits Mitte des Jahres 2002 zeigten sich erstmals Abrissfugen innerhalb der zementären Verfugung der Betonwerksteinebene.
Bereits Mitte des Jahres 2002 zeigten sich erstmals Abrissfugen innerhalb der zementären Verfugung der Betonwerksteinebene.
Da sich diese Risse in den weiteren Zeiträumen deutlich verbreiterten wurde durch die Auftragnehmerin für Betonwerksteinarbeiten im Bereich von gravierenden Rissen mit zementärem Mörtel nachgefugt.
In den weiteren Zeiträumen kam es jedoch zu weiteren Abrissen innerhalb der zementären Verfugung.
Einzelfeststellungen zum Gutachtertermin:
Im Rahmen des Gutachtertermins waren über die Gesamtgrundrissfläche verteilt in erheblichem Umfang und auch in differierender Breite diese Abrissfugen in der zementären Verfugung der Betonwerksteinplatten feststellbar.
Diese Risse reichten von Haarrissen (ca. 0,1 mm) zwischen zementären Verfugungsmörtel und Betonwerksteinplatten bis zu gravierenden Rissen mit Rissbreiten von bis zu 4 mm.
Im Bereich dieser gravierenden Risse bis 4 mm Breite war feststellbar, dass diese Risse bereits nachgefugt worden waren.
Die Risse verliefen teilweise über die gesamte Länge bzw. Breite des Verkaufsmarktes, teilweise rechtwinklig abknickend und auch parallel zu den Fugenprofilen.
Bei einem gravierenden Risses lag ein Höhenversatz der aneinander grenzenden Betonwerksteinplatten von ca. 2 bis 3 mm vor.
Vielfach war zu konstatieren, dass die Sockelplatten eine Abrissfuge im oberen Bereich zur aufgehenden Wand bzw. Stütze hin aufwiesen und fast vollständig hohl lagen.
Bei den Betonwerksteinsockelplatten war zum einen feststellbar, dass diese auf die an den Wänden hochgezogene Abdichtungsebene (die im Bereich der Sockelplatten endete) bzw. hochgezogene Dämmschichtabdeckung (PE-Folie) angesetzt worden waren.
Weiter lagen mehrfach partiell Teile des Ansetzmörtels der Sockelplatten in der oberen Zone der Randfuge zwischen Betonwerksteinbodenbelag und aufgehender Wand vorn, da die Sockelplatten direkt auf die Betonwerksteinoberfläche aufgesetzt worden waren.
Die Risse setzten sich diese über die gesamte Dicke des Dickbettmörtels bis zur unteren Zone als Trennrisse fort.
Weiter gehend war jeweils für alle Prüfstellenbereiche zu erkennen, dass diese Bewehrungsmatte vom Typ „Q 131“ in der unmittelbaren unteren Zone des Dickbettmörtels vorlag und hier der Dickbettmörtel insgesamt weich, teilweise bröselig mit hoher Haufwerksporigkeit vorlag.
Zwei Prüfstellen wurden im Bereich der Fugenprofile – wobei es sich hier angabegemäß um Feldbegrenzungsfugen handeln soll – angelegt.
Bei einer Gesamtdicke des Betonwerksteinbelages einschließlich Dickbettmörtel von ca. 80 mm war festzustellen, dass das Fugenprofil eine Höhe von ca. 50 mm ab Oberkante Betonwerkstein aufwies und somit in der unteren Zone in einer Dicke von ca. 25 bis 30 mm der Dickbettmörtel durchgehend verlief.
Weiter gehend verlief auch hier die nichtstatische Bewehrungsmatte vom Typ „Q 131“ durchgehend.
Fazit:
Zunächst ist sachverständigenseits darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Konstruktion, Art der Verlegung bei Betonwerksteinbelägen in der Regel haarfeine Abrisse in der zementären Verfugung, insbesondere zwischen zementärer Verfugung und Betonwerksteinplatte nicht vollständig vermeidbar ist.
Solche Haarrisse stellen demzufolge auch keinen technischen Mangel dar bzw. sind nicht zu rügen.
Die weiteren, gravierenden Risse haben ihre Ursache in der Addition verschiedener technischer Sachverhalte, die in der Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs entsprechen.
Die Schadensbilder waren darauf zurückzuführen, weil:
Hauptschadensursächlich die Feldbegrenzungsfugen entgegen den allgemein anerkannten Regeln des Fachs nicht bis zur Oberfläche der Dämmschicht/Dämmschichtabdeckung ausgebildet waren.
Vielmehr endete das Fugenprofil mit einer Höhe von ca. 50 mm im unteren Drittel des Dickbettmörtels, da dieser in Verbindung mit der Betonwerksteinplatte eine Dicke von ca. 80 mm aufwies.
Hierzu sei auf das vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes herausgegebene Merkblatt „Keramische Fliesen und Platten, Naturwerkstein und Betonwerkstein auf zementgebundenen Fußbodenkonstruktionen mit Dämmschichten“ hingewiesen, wo es unter Punkt 7. „Bewegungsfugen“ heißt:
“In der Fußbodenkonstruktion sind Bewegungsfugen anzuordnen:
- ... - als Feldbegrenzung nach Abschnitt 5.2 etwa 8 bis 10 mm breit ...
- als Randfugen an allen angrenzenden Bauteilen und festen Einbauten ..., so dass Bewegungen von mindestens 5 mm ermöglicht werden.
Diese Bewegungsfugen trennen Fußbodenkonstruktionen im gesamten Querschnitt, d.h. von Dämmschichtabdeckung bis zur Belagsoberfläche. ... Eine starre Verbindung darf an keiner Stelle vorhanden sein.“
Durch diese falsche Ausführung der Feldbegrenzungsfugenprofile als Bewegungsfugen war somit die Gesamtgrundrissfläche nicht in einzelne, voneinander unabhängig vorliegende Teilflächen unterteilt, sondern lag im Wesentlichen als Gesamtfläche zusammenhängend vor.
Es war lediglich eine Einschnürung des Dickbettmörtels festzustellen.
Durch diese falsch ausgebildeten Fugen lag also die Fläche als eine Gesamtfläche vor, was somit ein erhebliches Schwindpotential im Dickbettörtel bedeutete.
Die nichtstatische Bewehrungsmatte "Q 131" verlief unterhalb des Fugenprofils durchgehend im Dickbettmörtel.
Da zum einen das Fugenprofil nicht bis auf die Dämmschichtabdeckung geführt und auch die nichtstatische Bewehrungsmatte nicht etwa im mittleren Drittel des Dickbettmörtels angeordnet worden war, sondern – wie in vielen Objekten immer wieder feststellbar – in der unteren Zone – war diese nichtstatische Bewehrungsmatte im Bereich der Feldbegrenzungsfugen durchgehend verlegt worden.
Hierdurch wurde die Übertragung von Zugspannungen (aus dem Schwinden des Dickbettmörtels) in die angrenzenden Felder der Betonwerksteinebene bzw. Aufaddition über die Länge und Breite des Verkaufsmarktes noch erheblich verstärkt.
Wäre zumindest diese nichtstatische Bewehrungsmatte im Bereich der Feldbegrenzungsfugen unterbrochen worden, so hätte es zumindest bei der Einschnürung des Dickbettmörtels durch die Fugenprofile zu einer Rissebildung im Dickbettmörtel unterhalb des Fugenprofils und Abbau zumindest eines Großteils der Schwindspannungen im Bereich dieser Fugen kommen können.
Da jedoch die nichtstatische Bewehrungsmatte durchgehend verlegt worden war, wurden Zugspannungen eben nicht im Bereich der Feldbegrenzungsfugen abgebaut, sondern in die angrenzenden Felder übertragen und addierten sich hier auf.
Die Randfuge partiell mit Ansetzmörtel der Sockelplatten verfüllt war.
Als weiterer, schadensforcierender Sachverhalt war festzustellen, dass bei dem Ansetzen der Sockelplatten direkt auf die Fußboden-Betonwerksteinoberfläche partiell Mörtelreste die Randfuge zwischen Betonwerksteinbodenbelag und aufgehenden Wänden verfüllte.
Auch hierdurch wurde die Randfuge in ihrer Funktion als Bewegungsfuge massiv behindert bzw. teilweise die Funktionsfähigkeit aufgehoben.
Bewegungen des Betonwerksteinbelages sowohl aus dem Schwinden heraus (also Volumenverringerungen), aber auch durch Temperaturänderungen und Belastung konnten somit in dieser Randfuge nicht mehr ausgeglichen werden.
Dadurch, insbesondere durch das Schwinden, entstanden zusätzliche Zwängspannungen in dem Betonwerksteinbelag, die sich folglich in diesen gravierenden Rissen entladen haben.
Als Fazit
ist festzuhalten, dass wieder einmal – wie in vielen überprüften Fußbodenkonstruktionen mit Anordnung einer nichtstatischen Bewehrungsmatte - feststellbar war, dass diese eben nicht im mittleren Drittel der Lastverteilungsschicht, hier des Dickbettmörtels angeordnet war, sondern in der unteren Zone.
Dies bewirkt oftmals, dass die Lastverteilungsschicht/der Dickbettmörtel in der unteren Zone eine deutlich geringere Festigkeit, regelrechte Auflockerungen des Mörtelbettes aufweist.
Weiter gehend ist festzustellen, dass die sorgfältige Ausbildung von Randfugen als auch Feldbegrenzungs- und Bewegungsfugenfugen einen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen oder Nichtgelingen von „schwimmenden“, aber auch Fußbodenkonstruktionen mit mineralischen Mörteln und Estrichen auf Trennschicht mit oberseitigen „harten“ Belägen (Beton und Naturwerkstein, keramische Fliesen- und Plattenbeläge etc.) hat.
Bei sorgfältiger Ausführung der Feldbegrenzungs- und Randfugen und selbst bei Verzicht auf diese nichtstatische Bewehrungsmatte, auch bei diesen Feldgrößen der Betonwerksteinfelder von ca. 8 x 10 m, wäre es dann nicht zu den zuvor beschriebenen Rissen gekommen.
Dipl.-Ing. Ralf Gagewi ist öbv Sachverständiger für Industriefußböden