Fachbeiträge
Das Ende einer Kunstharzbeschichtung
Autor: Dipl.-Ing. Ralf Gagewi
Im Zuge von Renovierungsarbeiten wurden in einem Kaufhaus in Süddeutschland, nachdem die vorhandene PVC-Bodenbelagebene vollständig entfernt worden war, eine Kunstharzbeschichtung/kunstharzgebundener Spachtelbelag auf einen vorhandenen Gussasphaltestrich appliziert.
Da diese mehrlagige, kunstharzgebundene Spachtelung an der Oberfläche ein ungleichmäßiges, optisch auffälliges Oberflächenbild aufwies, wurde die Kopfversiegelung nochmals angeschliffen und eine weitere Lage der Kopfversiegelung aufgebracht.
Bereits kurze Zeit später (ca. 2-3 Monate) sollen erste Anrisse in der Beschichtung erkennbar gewesen sein die sich im weiteren zeitlichen Verlauf deutlich aufgeweitet haben sollen.
Feststellungen anlässlich des Gutachtertermins
Im Rahmen des Gutachtertermins waren innerhalb der als Verkaufsfläche genutzten Fußbodenkonstruktion bzw. an deren Oberfläche handwerklich bedingte Rauhigkeiten bzw. Riefen also sogenannte „Kellenschläge“ aber auch Rollansätze der aufgebrachten Versiegelung feststellbar, die insgesamt eine optische Beeinträchtigung der Beschichtungsoberfläche mit Hinweis auf die repräsentativen Anforderungen in einem Kaufhaus darstellten.
In erheblichem Umfang, sowohl bezogen auf die Anzahl als auch der Breite lagen gravierende Risse in der Beschichtungsebene vor.
Diese Risse wiesen Längen zwischen 0,5–5 m bei Rissbreiten zwischen 0,5 und 10 mm auf.
Des weiteren waren diese Risse besonders augenfällig, da ganz offensichtlich ein Teil der Rissflanken regelrecht aufgeschüsselt vorlag.
Auch deutliche Abrissfugen im Randbereich der Fußbodenkonstruktion zu den aufgehenden Wänden hin mit einer erheblichen Aufweitung der Randfuge um ca. 7-8 mm waren feststellbar.
Durchgeführte Messungen der Ebenheit der Fußbodenkonstruktion ergaben innerhalb der Flächen, dass die Toleranzen der DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau“ eingehalten worden war und lediglich streifenförmig und in kurzen Messpunktabständen vor den Rissen die Beschichtungsebene/Fußboden- konstruktion aufgeschüsselt vorlag.
Die Aufschüsselung der Beschichtung in Verbindung mit dem Gussasphalt betrug ca. 1 – 4 mm.
Zur Ursachenforschung dieser Risse wurden Bohrkerne Ø 150 mm, nass, aus der Fußbodenkonstruktion herausgebohrt.
An den 4 Bohrkernen war feststellbar, dass der Gussasphaltestrich auf Trennlage hergestellt worden war.
Die Risse in der Beschichtungsebene verliefen deckungsgleich in den Gussasphaltestrich hinein -jedoch nicht in der Betondecke.
Es war feststellbar, dass diese Risse V-förmig vorlagen, dass heißt an der Oberseite der Beschichtung deutlich aufgeweitet und in den Gussasphaltestrich hinein immer schmaler verlaufend.
Weitergehend war zu konstatieren, dass die Beschichtung –auch im Rissflankenbereich– einen guten Verbund zum Gussasphaltestrich hin aufwies.
Beschichtungsmaterial war innerhalb des Risses im Gussasphaltestrichs nicht erkennbar.
Des weiteren wurde an den Bohrkernen die Schichtdicke der Beschichtung nach DIN 50950 mittels Querschliffverfahren mit Dicken zwischen 2,3 und 3,0 mm bestimmt.
Zusammenfassende Beurteilung
Bei der Prüfung der Bohrkerne fiel bereits auf, dass auch bei dem stumpfen Zusammenstoßen der Gussasphaltstücken in der Beschichtung ein deutlicher, breiter Spalt verblieb.
Da im Weiteren auch kein Beschichtungsmaterial innerhalb des Gussasphaltest-richmaterials festgestellt wurde ist dies ein sicheres Indiz dafür, dass die Spannungen ihren Ursprung in der Beschichtung haben.
Diese Spannungen waren so groß, dass sie auch den Gussasphaltestrich mit ver-formten und so zu diesen Schüssellungen geführt haben.
Ursache für diese Risse sind die Applizierung einer sehr spannungsreichen Beschichtung auf den „thermoplastischen“ Untergrund Gussasphalt der nur geringe Zugspannungen aufnehmen kann.
Durch diese Zugspannungen im Beschichtungsmaterial (Schrumpfneigung des Beschichtungssystems) zeigten sich Risse in der Beschichtung die sich durch das sehr gute Haftverbundverhalten zum Untergrund hin in den Gussasphalt fortsetzten und dort Kerbrisse erzeugten.
Unter Beachtung der erheblichen Zugspannungen in Verbindung mit dem Thermo-plast Gussasphalt kam es zu einem regelrechten Aufschüsseln der Beschichtung in Verbindung mit dem Gussasphaltestrich im Bereich der Risse.
Wäre diese Beschichtung auf einen mineralischen Untergrund (Estrich oder Beton) aufgetragen worden so wäre es nicht zu diesen Rissbildungen gekommen.
Somit war eindeutig zu konstatieren, dass das Beschichtungssystem ursächlich für die Risse in der Beschichtung bzw. in dem Gussasphaltestrich war.
Die Schuldfrage: Der Auftragnehmer für Beschichtungsarbeiten hat die Schäden voll umfänglich zu verantworten.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Schäden auf eine unsachgemäße Auswahl des Beschichtungsmaterial bezogen auf den Untergrund -hier ein Gussasphaltestrich als Thermoplast- zurückzuführen waren.
Es ist als äußerst kritisch zu bewerten, dass ein sehr spannungsreiches Beschichtungsmaterial auf einen nichtmineralischen Untergrund appliziert wurde.
Für Gussasphaltestrich mit thermoplastischen Eigenschaften ist bekannt, dass dieses Material nur geringe Druck- und Zugspannungen aufnimmt, da es sich hier um eine „erstarrte Flüssigkeit“ handelt.
Zug- bzw. Biegezug- und Druckspannungen wie diese für mineralische Estriche und Beton gilt kann ein Gussasphaltestrich nicht aufnehmen.
In Addition zur Schadensursache, neben der falschen Auswahl des Beschichtungsmaterials, trägt –wenn auch in geringem Umfang die nicht sach- und fachgerechte Verarbeitung des mehrlagigen Beschichtungssystems als Spachtelbelag selbst bei.
Entgegen den Herstellervorgaben wurde die Grundspachtelschicht nicht in zwei Arbeitsgängen aufgetragen sondern in einem Arbeitsgang der Grundspachtel zu dick, so dass hieraus zusätzliche Spannungen entstanden.
Grundsätzlich wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch Gussasphaltestriche beschichtet werden können.
Jedoch müssen hierzu möglichst spannungsarme Systeme (z.B. Polyurethan- beschichtungen) zum Einsatz kommen die mit ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften auf die Eigenschaften des Gussasphaltestrichs als Untergrund abgestimmt sind.d.