Fachbeiträge
Beulen- und Blasenmeer trotz CM-Messung
Autor: Dipl.-Ing. Ralf Gagewi
Der Sachverhalt:
In einem dreigeschossigen Neubau wurde aus Zeitgründen anstelle eines
ursprünglich ausgeschriebenen Zementestrichs ein Schnellzementestrich
eingebaut. Ein Bodenleger verlegte in dem Modehaus verschiedene
elastische Bodenbeläge. Problem: Bei Putzarbeiten an dem Gebäude
platzte ein Wasserschlauch, so dass Wasser insbesondere in die
schwimmende Fußbodenkonstruktion des Erdgeschosses gelangte. Die vom
Bodenleger mit einem CM-Gerät durchgeführten Feuchtigkeitsmessungen
ergaben unterschiedliche Feuchtigkeitswerte zwischen 0,9 und 4,5 CM-%
bei einer Ablesezeit von fünf Minuten.
Um die Feuchtigkeit zu beseitigen, wurden zusätzliche Trocknungsmaßnahmen
an der zementären Lastverteilungsschicht einschließlich der Dämmschicht durchgeführt.
Das beauftragte Trocknungsunternehmen wies nach eigenen Angaben am Ende der Trocknungsarbeiten einen Feuchtigkeitsgehalt von < 2 CM-% nach.
Eine weitere Messung des Bodenlegers bestätigte diese Angabe: Der Feuchtigkeitsgehalt lag danach zwischen 0,25 und 0,12 CM-% bei einer Ablesezeit von 3 bis 5 Minuten.
Auffällig dabei: Beim Vergleich der Messwerte des Bodenlegers und der
Trocknungsfirma zeigten sich erhebliche Abweichungen der Feuchtigkeits-
werte untereinander. Dennoch wurde 14 Tage nach Beendigung der
Trocknungsmaßnahmen mit den Bodenbelagsarbeiten begonnen. Nach 5
Wochen zeigten sich im Erdgeschoss - also im Bereich des Wasserschadens -
Formveränderungen und Blasen an dem Bodenbelag in erheblichem Umfang.
Eine erneut durchgeführte Messung des Feuchtigkeitsgehaltes ergab: 2,45
bis 2,90 CM-% bei einer Ablesezeit von 10 und 15 Minuten.
Die Feststellungen:
Während der Begutachtung der betroffenen Flächen wurden in erhebliche Maße Formveränderungen und Beulen über mehrere PVC-Bodenbelags- elemente (Größe 114 x 915 mm) hinweg festgestellt.
Zusätzlich wurde eine Vielzahl von hohlliegenden PVC-Elementen nachgewiesen.
Beim Einrichten von Prüfstellen im Bereich der Formveränderungen und im
Bereich eines Hohllegers waren mehrere PVC-Elemente mit geringem
Kraftaufwand vom Untergrund lösbar.
Auf der Rückseite der Bodenbelagselemente lag vollständig anhaftend das Klebstoffsystem sowie die Spachtelmassenschicht mit einer weißlich puderförmigen Unterseite vor.
Innerhalb der Prüfstellen wurde ein deutlicher Feuchtigkeitsgehalt in der oberen Zone des Schnellestrichs festgestellt, der in der unteren Zone noch deutlich zunahm. Auf der Unterseite der Dämmschichtabdeckung (Bitumenpapier) waren sogar feine Wassertropfen nachweisbar.
Die Laborprüfungen:
Vor Ort entnommene Materialproben wurden in Anlehnung an DIN 52183, DIN 272 und DIN 1048 im Wärmeschrank einer gravimetrischen Feuchtigkeitsbe- stimmung (Darr-Methode) unterzogen.
Dabei wurden Proben aus der Oberfläche der Betondecke bei einer Temperatur von 105° C getrocknet, Proben des Schnellestrichs wurden bei max. 42° C erwärmt.
Das Ergebnis:
Der Schnellzementestrich wies von der oberen zur unteren Zone einen
ansteigenden Feuchtigkeitsgehalt auf.
Während in der oberen Estrichrandzone Werte zwischen 2,1 bis 2,4 Gew.-% ermittelt wurden, wies die untere Zone Werte zwischen 3,6 bis 4,4 Gew.-% auf.
Damit war in der unteren Zone eindeutig ein überhöhter Feuchtigkeitsgehalt nachgewiesen.
Zum Zeitpunkt des Gutachtertermins war aufgrund der Hohlleger und der Formveränderungen des Belags die Nutzung und Gebrauchstüchtigkeit sowie die Werterhaltung der verlegten elastischen Bodenbeläge nicht mehr gewährleistet.
Da der Schnellzementestrich nicht wasserbeständig war, gefährdete die über-
proportionale Feuchtigkeit auch die Werterhaltung des Estrichs selbst.
Die Folge:
Im Erdgeschoss waren vollflächige Sanierungsmaßnahmen erforderlich.
Die Ursache für die Formveränderungen, Blasen und Hohlleger der elastischen
Bodenbelagsebene sind in der überhöhten Feuchtigkeit des Schnellzement- estrichs zu finden - und das obwohl besondere Trocknungsmaßnahmen durchgeführt wurden sowie eine Messung die Belegreife des Schnellzementestrichs ergab.
Deshalb ist davon auszugehen, dass die CM-Messung des beauftragten Bodenlegers falsch war.
Die zu Protokoll gegebenen Ablesezeiten der CM-Messung wiesen Ungereimtheiten und Fehler auf und entsprachen nicht den Herstellervorgaben für diesen Schnellzementestrich.
Von Seiten des Bodenlegers wurde nicht berücksichtigt, dass in dem Bauobjekt kein konventioneller Zementestrich, sondern ein Schnellzementestrich vorlag. Der Bodenleger hätte bei der Bauleitung den genauen Estrichtyp, Hersteller und Bezeichnung erfragen müssen.
Bei fehlender Sachkenntnis hätte er sich mit dem Hersteller in Verbindung setzen müssen, um das richtige Verfahren für die CM-Messung erfragen und dann richtig anwenden zu können.
Durch die fehlerhafte Messung hat der Bodenleger nicht erkannt, dass der Estrich zum Zeitpunkt der Verlegung zu feucht und somit nicht belegreif war.
Grundsätzlich sind bei Schnellzementestrichen unabdingbar die spezifischen Prüfbedingungen und Prüfmaßnahmen einzuhalten, die vom Materialhersteller vorgegeben sind.